NOMADENpress –

Politik – Kultur – Bewegung

Gesellschaft in Bewegung / Bewegung in Gesellschaft

Nomaden verkörpern das Prinzip von Gesellschaften in Bewegung. Als reale Gesellschaften in Bewegung sind sie historisch von der Sesshaftigkeit verdrängt worden. Einige Reste der nomadischen Lebensweise finden sich noch in entlegenen Regionen der Erde. Doch auch in sesshaften Gesellschaften findet sich Bewegung – freiwillige wie unfreiwillige. Man denke nur an urlaubende Wohnmobilisten oder ausgebeutete Wanderarbeiter, an Flüchtlinge oder wandernde Gesellen, an Berufspendler oder an Outdoor, digitale und urbane Nomaden. Aber es gibt auch soziale Bewegung, von oben nach unten, man denke an Fahrstuhl- und Rolltreppeneffekte in der sozialen Mobilität. Sind wir eine Abstiegsgesellschaft? Dagegen gibt es Bewegungen, die die Richtung der Gesellschaft verändern wollen, man denke an Arbeiter- und Jugendbewegung, Studenten-, Frauen- und Umweltbewegung oder an indigene Bewegungen. Uns interessieren alle diese Dimensionen des Nomadischen. Wir setzen uns auseinander mit dem Hass, den Fahrende, Juden und Obdachlose auf sich ziehen und befassen uns mit den Freuden des Unterwegssein, des leichten Reisens und Welterfahrens. Uns interessiert der politische und kulturelle Ausdruck, den solche Bewegungen annehmen. Wir wollen den Spuren der Bewegung in unseren Gesellschaften nachgehen und selbst in Bewegung sein.

Dazu organisiert NOMADENpress politische und kulturelle Veranstaltungen, Diskussionen und Lesungen, Exkursionen oder Werkabende an wechselnden Orten. Wir kooperieren mit der Brotfabrik in Frankfurt/Hausen und der Burg Waldeck/Hunsrück.

NOMADENpress will statische Perspektiven herausfordern und den kulturellen Austausch fördern.

NOMADENpress ist ein Verein, der sich ursprünglich in Frankfurt am Main aus Interessierten gebildet hat, die diesen Themen aus unterschiedlicher Perspektive nachgehen. Literarisch-künstlerische Interessen gehören ebenso dazu wie wissenschaftliche und praktisch-handwerkliche. Wir verstehen das Nomadische als Prinzip der Bewegung und glauben, dass es eine besondere Erfahrung und Erkenntnis der Welt und ihrer Gesellschaften ermöglicht.

Wir freuen uns über einen Besuch unserer Veranstaltungen oder weitergehendes Interesse und bieten zur Kontaktaufnahme die Eintragung für den Newsletter.


Nächste Veranstaltungen:

14.4.2024: Podiumsdiskussion zu erzwungener Mobilität in der Gedenkstätte Neustadt/W


NOMADENpress e.V. in Kooperation mit der Heinrich Böll Stiftung RLP und der Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt laden ein zum Thema

 Vagabunden, Migration und Antiziganismus – Mobilität zwischen Verfolgung und Idealisierung

14.4.2024

Gedenkstätte Neustadt/Weinstraße
Quartier Hornbach 13a/b
11-13 Uhr

Im Anschluss wird eine Führung durch die Gedenkstätte angeboten.

 

Podiumsdiskussion mit

Charlotte Dany, Jacques Delfeld (tbc), Markus Ostermair, Laura Tittel, Thomas Wagner

Moderation: Oliver Eberl

Die Geschichte von Mobilität in modernen Gesellschaften ist eine Geschichte von Zwang und Verfolgung. Vagabunden, Migranten, Sinti und Roma werden als Bedrohung wahrgenommen und vielfacher Kontrolle unterworfen. Arbeitshäuser, Grenzzäune, Lager und Vertreibung werden gegen sie aufgeboten.

Doch ziehen Vagabunden, Migranten, besonders aber die Gruppen der Sinti und Roma, auch Bewunderung von Literaten, Künstlern und Sozialkritikern auf sich. Es findet eine Idealisierung statt. Mobilität ist also zugleich Gegenstand von Freiheitsgefühlen und Romantik.

Das Bild, das dabei von gesellschaftlicher Mobilität und den mobilen Gruppen entsteht, ist insgesamt verzerrt von Idealisierungen und Vorurteilen. Freiheitsklischees und Angstprojektionen verhindern einen sachlichen und verständnisvollen Blick auf die Ursachen und Folgen der Mobilität.

Mobilität ist zwar ein Ausdruck, der „Freiheit zu gehen“, aber sie ist auch vielfach erzwungen, sie entsteht aus Vertreibung und Zwang, aus Armut und Unterdrückung. Migration ist ebenso wenig romantisch, wie das Leben auf der Straße oder die Ausgrenzung als Sinti und Roma. Vielmehr scheint sich der Wunsch nach Mobilität als Projektion auf die mobilen Gruppen zu richten. Doch warum und wie entstehen die Wahrnehmungen von Bedrohung und Freiheit?

In der Diskussion sollen Expertinnen und Experten über historische Ursachen solcher Vorurteile und Klischees Auskunft geben. Warum verbinden Schriftsteller und Künstler Mobilität mit Sozialkritik? Und welche Folgen haben diese Zuschreibungen bis heute?

Die Diskutierenden:

Dr. Charlotte Dany ist Professorin für Organisations- und Entwicklungskommunikation an der Hochschule Darmstadt. Sie arbeitet zur Wahrnehmung von Empfängern humanitärer Hilfe und dem Selbstverständnis von NGOs.

Jacques Delfeld Sr. ist Vorstandsvorsitzender des Verbandes deutscher Sinti und Roma, Landesverband Rheinland-Pfalz. Er ist dort Sprecher für Politik- und Antirassismusarbeit.

Markus Ostermair ist Schriftsteller. Er hat seine Erfahrungen mit dem Leben in Obdachlosigkeit in dem Roman „Der Sandler“, btb 2022 veranschaulicht.

Dr. Laura Tittel ist Politikwissenschaftlerin. Sie ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin in dem Projekt „Zwischen Minderheitenschutz und Versicherheitlichung“ an der der Justus-Liebig-Universität Gießen. Demnächst erscheint ihr Buch „Politische Theorie des Antiziganismus. Genese und Kritik eines modernen Herrschaftsverhältnisses“. Beiträge zur kritischen Antiziganismusforschung, Bd. 2, Bielefeld: transcript.

Dr. Thomas Wagner ist Soziologe und Publizist. Er arbeitet zu Fragen von Protest und Widerstand. Sein letztes Buch ist „Fahnenflucht in die Freiheit. Wie der Staat sich seine Feinde schuf – Skizzen zur Globalgeschichte der Demokratie“, Matthes & Seitz, Berlin 2022.

 

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