Workshop zur Zukunft der Zivilisation
in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck
in Kooperation mit der Heinrich Böll Stiftung Rheinland-Pfalz
und unterstützt von der Peter Rohland Stiftung
Bewegliche Zivilisation – Wie weiter?
Workshop auf Burg Waldeck/Hunsrück vom 28. bis 30.4.2023
Übernachtung ist im Säulenhaus oder im eigenen Zelt möglich. Die Teilnahme ist frei.
Anmeldung über diese Seite unten.
Drei aktuelle Diskussionen werfen ein neues Licht auf unsere Zivilisation:
- Die Natur wird angesichts des Klimawandels endgültig als unhintergehbare Lebensgrundlage der Menschen verstanden.
- In Debatten um den Kolonialismus wird das europäische Verhältnis zu indigenen Kulturen als imperiale Fehldeutung erkennbar.
- Anthropologisch-archäologische Forschung präsentiert eine Alternative zur Fortschrittserzählung von Sesshaftigkeit und Staatlichkeit als Voraussetzung der Kultur.
Dies alles stellt althergebrachte Gewissheiten in Frage. Zivilisation kann nicht länger als technischer Fortschritt basierend auf der Ausbeutung der Natur und der Entwicklung statischer Gesellschaften verstanden werden. Die Zukunft der Zivilisation verlangt nach einem neuen Naturverhältnis, nach einem neuen Selbstverständnis und nach einer neuen Bewertung der Lebensweisen, die kolonial unterdrückt wurden. Bewegung kennzeichnet die andere Zivilisation – ob als nomadische Lebensweise, Sehnsucht nach der Ferne, einem Zurück zur Natur, purer Wanderlust, einer Zeit auf der Walz oder vielleicht sogar im Wohnmobil.
Das wirft die Frage auf: Wie geht es weiter mit der Zivilisation? Welche Utopien und Praktiken braucht es für eine andere Zivilisation?
Die Jugendbewegung scheint diese Aspekte intuitiv vereint und vorweggenommen zu haben: Auf Fahrt hat sie sich intensiven Naturerlebnissen ausgesetzt und daraus ein Verhältnis zur Natur entwickelt, das eher Vertrautheit als Eroberungs- und Unterwerfungswillen stiftet. In ihrer Begeisterung für naturnahes, bewegtes Leben hat sie sich indigenen Völkern, Fahrenden, Seefahrern und Vagabunden zugewandt und ihnen nachgeeifert. So hat sie in ihrer Praxis ein kritisches Verhältnis zur Zivilisation entwickelt oder wenigstens vorbereitet. Natürlich steckt in diesem Programm auch die Gefahr des Abgleitens in falsche Naturromantik und völkische Politik. Hat die Jugendbewegung damit nicht dennoch auch zur Zukunft der Zivilisation statt zur Verherrlichung der Vergangenheit beizutragen? Dazu haben wir Vorträge am Samstag und eine Podiumsdiskussion am Sonntag organisiert. Es kommen Jugendbewegte, Sozialwissenschaftler*innen und Umweltaktivist*innen, um diese Fragen zu diskutieren.
Das Programm:
Freitag:
20:00 Begrüßung: Nomaden auf der Waldeck (Oliver Eberl)
20:10 Einführung: Zur Theorie und Utopie des Nomadentums (Thomas Wagner)
20:30 Auf den Spuren von Bruce Chatwin
Samstag:
9:00-12:00 Die Herrschaft der Zivilisation:
Barbarei – Das Urteil der Zivilisation über die Anderen (Oliver Eberl)
Die Utopie des freien Lebens: Zivilisationsflucht als Staatsflucht (Thomas Wagner)
Arbeitsgruppen
14:00-17:00 Das freie Leben?
Piraten als herrschaftsfreie Gemeinschaften (Rüdiger Haude)
Tusk und die nomadische Fahrt (Eckard Holler)
Arbeitsgruppen
18:00-19:00 Plenum
Zusammenführen der Diskussionen in den Gruppen (Moderation David Salomon)
20:00 Lied und Fahrt (Hans Bollinger)
Sonntag:
9:00 Morgenspaziergang
11:00-13:00 Podiumsdiskussion: Wie kann eine neue Zivilisation aussehen?
Charlotte Dany (Friedensakademie Rheinland-Pfalz), eine/m Vertreter/in der Naturfreunde, Jochen Schwenk (Soziologe), Rüdiger Haude (Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.), Thomas Wagner (Buchautor)
Moderation: David Salomon (TU Darmstadt)
Literatur:
Hans Bollinger, Auf vielen Straßen dieser Welt: Mit Liedern unterwegs zu Abenteuern, Spurbuch Verlag 2021.
Bruce Chatwin, In Patagonien: Reise in ein fernes Land, Rowohlt 1984.
Oliver Eberl, Naturzustand und Barbarei. Begründung und Kritik des Staates im Zeichen des Kolonialismus, Hamburger Edition 2021.
David Graeber, David Wengrow, Anfänge: Eine neue Geschichte der Menschheit, Klett-Cotta 2022.
Werner Herzog: Vom Gehen im Eis: München – Paris 23.11. – 14.12.1974, Carl Hanser 2022.
Eckard Holler, Auf der Suche nach der Blauen Blume: Die großen Umwege des legendären Jugendführers Eberhard Koebel (tusk). Eine Biografie, LIT Verlag 2020.
Pit Stibane (Hg.), Kiefern im Wind – Zum Naturverhältnis in der Jugendbewegung, Schriftenreihe in Verbindung mit dem Mindener Kreis 2010.
Thomas Wagner, Fahnenflucht in die Freiheit. Wie der Staat sich seine Feinde schuf – Skizzen zur Globalgeschichte der Demokratie, Matthes & Seitz, Berlin 2022.
Anmeldung: