Adolf Reichwein, geb. 1898, war Wandervogel, Pädagoge, Sozialdemokrat und Widerstandskämpfer. Er wurde 1944 wegen seiner Mitgliedschaft im Kreisauer Kreis hingerichtet.
Als Wandervogel unternahm er selbst große Fahrten nach Mexiko und in die USA, reiste auf Schiffen um die Welt. Seien Dissertation befasst sich mit dem kulturellen Verhältnis von China und Europa. In seinen Erzählungen verarbeitet er die Landnahme im Westen Amerikas und die Aneignung kultureller Errungenschaften der Prärieindianer im 19. Jahrhundert. Seine Berichte über die Entwicklung des Colt und des Stacheldrahts durchdringen die enge Beziehung von technischen Entwicklungen zu gesellschaftlichen Auseinandersetzungen, hier exemplarisch an dem Konflikt um Land ausgeführt, das der nomadischen Lebensweise entzogen wird. Gleichzeitig wird die indianische Kunst des Signalisierens zur Kommunikationstechnik der Armee weiter entwickelt.
Als Pädagoge führte Reichwein das Element der Gruppenfahrt in die Arbeiterbildung ein. Hiervon zeugt sein Bericht der fast schlecht geendeten Fahrt durch Lappland, das damals auch wegen seiner nomadisch lebenden Bevölkerung der Samen in der Jugendbewegung zu einem häufigen Ziel geworden war. Reichwein führte eine Gruppe Arbeiterjugendlicher in die Weiten des Nordens und wurde fast schicksalhaft von einer falschen Annahme irregeleitet. Die Wanderung durch das Fjäll wird so zu einer existenziell bedrohlichen Situation, der Ausflug in die Wildnis wird zu einer Demonstration der Zivilisationsgebundenheit. Zivilisation und Rettung aus der Wildnis fallen dann fast in eins.
Unter dem Nationalsozialismus leitete er bis 1938 eine Ein-Klassen-Schule in Tiefensee, wo er reformpädagogische Unterrichtsformen entwickelte. Die pädagogischen Werke Reichweins wurden wissenschaftlich aufbereitet und in einer Gesamtausgabe im Verlag Julius Klinkhardt zusammengefasst. Wir entnehmen die hier vorgestellten Geschichten einer Sammlung seiner Erzählungen, die sein Freundeskreis nach dem Krieg unter dem Titel „Abenteuer mit Mensch und Tier“ herausgab.
Literatur: Ullrich Amlung: „… in der Entscheidung gibt es keine Umwege“: Adolf Reichwein 1898–1944. Reformpädagoge, Sozialist, Widerstandskämpfer. 3. Auflage. Schüren, Marburg 2003.